Mann mit Muffin; Foto: Krakenimages - Shutterstock.com

Hören Sie auf Ihren Bauch - Teil 2

26.09.2022 / Autor: Therapie Aktiv / Kategorie: Diabetes im Alltag

Hunger und Sättigung spüren

Aussagen vom Umfeld wie „Was, diese Riesenportion isst du?“ oder eigene Gedanken wie „Ich kann doch nicht schon wieder hungrig sein, ich habe doch erst vor 2 Stunden gegessen“ bewirken, dass wir nicht mehr auf unser Hungergefühl vertrauen. Wir unterdrücken das körperliche Bedürfnis zu essen und zögern die Mahlzeit so lange es geht hinaus. Die Folge? Wenn der Hunger so groß ist, dass wir nicht mehr widerstehen können oder gar zittrig, nervös oder unterzuckert werden, essen wir hastig und schlingen richtig. Was wir essen, ist uns dann völlig egal.

Na, kommt Ihnen das bekannt vor? Vielen von uns geht es so. Dieser „Heißhunger“ ist keine Folge von mangelnder Willenskraft, sondern ganz natürlich. Denn Hunger ist ein Urinstinkt, der uns mitteilt, dass unser Körper Energie benötigt. Er ist eine überlebenswichtige Empfindung, die wir ernst nehmen und nicht unterdrücken sollten!

Viele Menschen wissen aber gar nicht mehr, wie sich Hunger in ihrem Körper eigentlich bemerkbar macht. Weil wir Diätregeln befolgen, die uns sagen, dass wir z. B. nur alle sechs Stunden oder jeden 2. Tag essen sollen, spüren wir Hunger nicht mehr, bis er so riesig wird, dass wir die Kontrolle verlieren, eine wahre „Essattacke“ erleben und jede selbstauferlegte Regel zum Teufel jagen! Hören wir also besser auf unser Hungergefühl, bevor es zu groß wird.

Übung 2: 

Wie fühlt sich Ihr Hunger an?

Beantworten Sie folgende Frage für sich: Wissen Sie, wie sich richtiger körperlicher Hunger bei Ihnen anfühlt? Das ist von Person zu Person ganz unterschiedlich. Überlegen Sie.  

  • Magen: nagend, grummelnd, flau …    
  • Kopf: Gedanken kreisen um Essen, leicht benommen …
  • Stimmung: gereizt, nervös, aggressiv …
  • Energie: abnehmend, schläfrig, leicht apathisch …
  • Nehmen Sie noch andere Empfindungen wahr?

Hunger-Sättigungsskala

Adaptiert nach Tribole, E. & Resch, E. (2020)

Hunger-Sättigungsskala

Kennen Sie Ihr persönliches Hungergefühl bereits, können Sie weiter hineinspüren: Wie stark ist es im Moment? Dabei hilft die Hunger- und Sättigungsskala. Sie zeigt alle Abstufungen von Hunger und Sättigung. Die Stufe 5 ist dabei der neutralste Zustand, wenn wir weder hungrig noch satt sind. Je niedriger die Zahl, desto größer ist der Hunger, je höher die Zahl wird, desto stärker die Sättigung.

Übung 3:

Wie stark ist Ihr Hungergefühl?

Beantworten Sie folgende Frage für sich:

  • Welche Abstufungen von Hunger kenne ich?
  • Wann esse ich meistens? Erst bei 1, beim sogenannten „Urhunger“, oder bereits früher, z. B. bei 4?

Tipps

  1. Beobachten Sie, wie Ihr Essverhalten mit Ihrem Hunger zusammenhängt. Wann essen Sie genussvoll, wann eher hastig und ungezügelt („Ich habe mich nicht mehr unter Kontrolle, ich kann nicht aufhören.“)? Je öfter Sie sich diese Skala ins Bewusstsein rufen und darüber nachdenken, wie hungrig oder satt Sie sind, desto leichter fällt es Ihnen, es einzuschätzen.
  2. Versuchen Sie, etwas zu essen, bevor der Hunger zu groß wird (1 auf der Skala). So sind Sie Ihrem „Urhunger“ nicht hilflos ausgeliefert, sondern können eine Speise auswählen, auf die Sie wirklich Lust haben und die Ihrem Körper auch guttut.

Verschiedene Arten von Hunger

Neben körperlichem Hunger gibt es noch andere Hungerarten wie z. B.


Sozialer Hunger oder „Augenhunger“: Essen in Gemeinschaft (wenn die anderen essen, auch wenn ich selbst noch nicht so hungrig bin), leckeres Essen am Buffet ...


Emotionaler, seelischer Hunger: 

  • Essen, um sich zu verwöhnen und zu entspannen: eine Tasse Kakao nach einem Winter-Spaziergang, eine Hühnersuppe, wenn wir krank sind ...
  • Essen zur Ablenkung, bei Langeweile, Frust, Ärger, Einsamkeit, Trauer …

Gut zu wissen

Frau mit Apfel; Foto: drubig-photo - Fotolia.comEs ist absolut in Ordnung, wenn Sie gelegentlich essen, obwohl Sie nicht körperlich hungrig sind – schließlich essen wir alle gerne in Gesellschaft und verlassen ein reichliches Buffet nur ungern, ohne zu probieren. In diesen Situationen macht es Sinn, sich zu fragen: Wie hungrig bin ich gerade? Wenn Sie nicht körperlich hungrig sind, passen Sie die Portion an und essen Sie nur so viel, bis Sie angenehm satt sind.

Was tun bei emotionalem Hunger?

Es ist menschlich, auch aus emotionalen Gründen zu essen. Schokolade nach einem anstrengenden Tag, Kekse als Trost für das weinende Kind … Nimmt dies jedoch überhand und essen Sie ständig, um sich abzulenken, befolgen Sie folgende Ratschläge.


Bevor Sie essen, fragen Sie sich:   

  • Bin ich körperlich hungrig?
    a. Wenn ja, essen Sie etwas, worauf Sie Lust haben und was Ihnen guttut.
    b. Wenn nein, fragen Sie sich weiter:
  • Was fühle ich gerade? (Ärger, Frust, Langeweile, Trauer, Einsamkeit ...
  • Was brauche ich? (Zeit für mich, Ruhe, Schlaf, soziale Kontakte ...)
  • Trauen Sie sich, Ihre Bedürfnisse auszusprechen und bitten Sie bei Bedarf Ihr Umfeld um Hilfe. Z. B. „Ich benötige bitte eine Pause, könntest du das für mich übernehmen?“ oder „Ich brauche jemandem zum Reden, hast du heute Zeit für mich?“

Wichtig

Es ist nicht leicht, Gefühle, die wir durch Essen lange verdrängt haben, zuzulassen. Wenn Sie das Gefühl haben, Essen ist Ihr einziger Weg, mit Gefühlen umzugehen, zögern Sie nicht, professionelle Unterstützung von Psychotherapeutinnen/Psychotherapeuten oder Psychologinnen/Psychologen in Anspruch zu nehmen. 

Sättigung spüren

Für viele Menschen ist es leichter, Hunger zu spüren, als ihre Sättigung wahrzunehmen.

Übung 4:

Wie fühlen Sie sich, wenn Sie satt sind?

Beantworten Sie folgende Frage für sich:

Wissen Sie, wie es sich anfühlt, wenn Sie satt sind? Auch Sättigung fühlt sich von Person zu Person ganz unterschiedlich an. Überlegen Sie.

  • Magen: leichte Dehnung, Druck im Bauchraum bis unangenehmes Völlegefühl
  • Kopf: Gedankenkreisen ums Essen wird weniger
  • Stimmung: beruhigt, zufrieden und entspannt
  • Energie: energiegeladen bis schläfrig
  • Nehmen Sie noch andere Empfindungen wahr?

Wie gut wir spüren, ob wir satt sind, hängt von vielen Faktoren ab:

  • Wie hungrig war ich vor der Mahlzeit? War ich davor auf der Hungerskala z. B. bereits auf 1, also beim „Urhunger“, schlinge ich eher und spüre dadurch erst spät, dass ich satt bin.
  • Wie schnell esse ich generell? Esse ich langsam oder sehr hastig?
  • Konzentriere ich mich aufs Essen oder bin ich abgelenkt (durch Fernsehen, Handy …)?


Hier geht es weiter zu Teil 1 und Teil 3 ...

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